Was ist eine „Richtlinie“ im Sinne der Gesetze gegen unlautere Handelspraktiken?
Wenn ein Versicherer feststellt, dass Versicherte in einem bestimmten Szenario unterschiedlich behandelt werden, muss sorgfältig geprüft werden, ob diese unterschiedliche Behandlung gegen Gesetze gegen unlautere Handelspraktiken verstößt. Konkret kann sich ein Versicherer fragen: „Ist es zulässig, Versicherte in verschiedenen Produktlinien unterschiedlich zu behandeln?“ oder „Wie können wir sicherstellen, dass Versicherte, die innerhalb derselben Produktlinie oder desselben Geschäftsbereichs unterschiedlich behandelt werden, dennoch fair behandelt werden?“ Dieser Artikel befasst sich mit diesen Fragen. Natürlich enthält dieser Artikel keine vollständige Liste solcher Überlegungen, und Versicherer sollten sich zu den konkreten Umständen im Zusammenhang mit diesen Fragen von einem Rechtsberater beraten lassen.
1. Definition unlauterer Handelspraktiken
Gemäß Abschnitt 4(G) des Model Unfair Trade Practices Act (das„Gesetz“) sind folgende Handlungen verboten:
- „(1) Die Vornahme oder Duldung einer ungerechtfertigten Diskriminierung zwischen Personen derselben Klasse und gleicher Lebenserwartung bei den für Lebensversicherungspolicen oder Renten oder bei den darauf zu zahlenden Dividenden oder anderen Leistungen oder bei anderen Bedingungen einer solchen Police.“
- „(2) Eine ungerechtfertigte Diskriminierung zwischen Personen derselben Klasse und mit im Wesentlichen gleichem Risiko hinsichtlich der Höhe der Prämien, Versicherungsgebühren oder Tarife für Unfall- oder Krankenversicherungspolicen oder in den darunter zu zahlenden Leistungen oder in einer der Bedingungen oder Konditionen einer solchen Policeoder in anderer Weise.“
- „(3) Eine ungerechtfertigte Diskriminierung zwischen Personen oder Risiken derselben Klasse und mit im Wesentlichen gleicher Gefährdung durch die Verweigerung der Versicherung, die Verweigerung der Verlängerung, die Kündigung oder die Begrenzung der Versicherungssumme für eines Sach- oder Unfallrisikos , allein aufgrund des geografischen Standorts des Risikos, es sei denn, eine solche Maßnahme ist das Ergebnis der Anwendung solider versicherungstechnischer und versicherungsmathematischer Grundsätze im Zusammenhang mit tatsächlichen oder vernünftigerweise zu erwartenden Schadensfällen.“
2. Der Geltungsbereich des Begriffs „Richtlinie“
Entscheidend für die oben zitierten Definitionsbestimmungen sind die Formulierungen:
(1) „jede Lebensversicherungspolice oder Rente“ und „alle anderen Bedingungen einer solchen Police“;
(2) „jede Unfall- oder Krankenversicherungspolice“ und „alle Bedingungen dieser Police“; und
(3) „ein Sach- oder Unfallrisiko“.
Die Formulierung in (3) („ein Sach- oder Unfallrisiko“) ist relativ eindeutig und identifiziert den Schwerpunkt der Analyse als das „Risiko“ (d. h. das Risiko für Eigentum, Personen oder Unternehmen, das Gegenstand oder Objekt der Deckung ist). Die Formulierung in (1) und (2) ist jedoch schwieriger zu interpretieren, da aus dem Gesetz nicht klar hervorgeht, welchen Umfang der Begriff „Police“ haben soll (wie dieser Begriff in den Unterpunkten (1) und (2) von Abschnitt 4(G) verwendet wird). Beispielsweise könnte man fragen: „Bezieht sich der Begriff „Police“ auf eine bestimmte Versicherungsform, eine Gruppe ähnlicher Versicherungsformen oder etwas anderes?“
Im Sinne des Gesetzes wird „Police“ definiert als „ein Versicherungsvertrag, eine Entschädigungs-, Kranken-, Gesundheits- oder Krankenhausdienstleistungs-, Bürgschafts- oder Rentenversicherung, die von einem Versicherer ausgestellt, zur Ausstellung vorgeschlagen oder zur Ausstellung vorgesehen ist“. Man könnte argumentieren, dass der Ausdruck „jede [Lebensversicherungs-] [Unfall- oder Krankenversicherungs-] Police“, wie er in (1) und (2) verwendet wird, auf ein bestimmtes Produkt oder einen bestimmten Geschäftsbereich beschränkt ist. Daher würde eine unterschiedliche Behandlung verschiedener Geschäftsbereiche wohl nicht gegen das Gesetz verstoßen. Umgekehrt könnte der Ausdruck„jede [Lebensversicherungs-] [Unfall- oder Krankenversicherungs-]Police“ auch weit ausgelegt werden, um Versicherte in ähnlicher Situation aus verschiedenen Produkten oder Geschäftsbereichen einzubeziehen, insbesondere wenn der Eindruck besteht, dass Versicherte in ähnlicher Situation aufgrund einer wohl „unfairen“ Motivation unterschiedlich behandelt werden.
3. Was ist „unfair“?
Die Feststellung, was eine „unfaire“ Motivation oder Auswirkung darstellt, ist eine komplizierte und situationsspezifische Analyse, die in Absprache mit einem Rechtsberater durchgeführt werden muss. Für die Zwecke dieses Artikels ergibt sich jedoch eine gute allgemeine Definition aus dem Wortlaut von Abschnitt 4(G)(3) des Gesetzes. Dieser Abschnitt schafft eine Safe-Harbor-Ausnahme für bestimmte Maßnahmen, die „das Ergebnis der Anwendung solider versicherungstechnischer und versicherungsmathematischer Grundsätze im Zusammenhang mit tatsächlichen oder vernünftigerweise zu erwartenden Verlusten“ sind.
Für die Zwecke dieses Artikels können wir eine negative unterschiedliche Behandlung zwischen einer „Police” und einer anderen, die nicht das Ergebnis der Anwendung solider versicherungstechnischer und versicherungsmathematischer Grundsätze im Zusammenhang mit tatsächlichen oder vernünftigerweise zu erwartenden Schadenereignissen ist, als „unfair” betrachten. Selbstverständlich sollten Versicherer sich hinsichtlich der versicherungsmathematischen Grundlagen für solche Überlegungen mit ihren versicherungsmathematischen Mitarbeitern und Beratern beraten.
4. Ein Rahmen für die Analyse
Daher sollten Versicherer bei der Schaffung und Aufrechterhaltung von Rahmenbedingungen, die eine ungerechte Ungleichbehandlung vermeiden, dem Gesetz entsprechen und die Versicherten im Rahmen einer „Police“ fair zueinander behandeln, die folgenden wichtigen Fragen in Bezug auf die Definition des Begriffs „Police“ berücksichtigen:
- Könnte man argumentieren, dass Versicherte im Rahmen einer einzigen „Police” unterschiedlich behandelt werden? Konkret:
- Werden Versicherte derselben Branche oder desselben Geschäftsbereichs unterschiedlich behandelt?
- Werden Versicherte, die unter derselben Versicherungsform versichert sind, unterschiedlich behandelt?
- Wenn ja, ist die unterschiedliche Behandlung dann als „unfair“ zu bezeichnen? Konkret gesagt: Ist die unterschiedliche Behandlung nicht das Ergebnis von:
- Die Anwendung solider versicherungstechnischer und versicherungsmathematischer Grundsätze, wobei diese Grundsätze
- Bezogen auf tatsächliche oder vernünftigerweise zu erwartende Verluste.
Natürlich können die Umstände zusätzliche Analysepunkte erforderlich machen, und Versicherer sollten sich zu diesen Punkten mit ihrem Rechtsberater in Verbindung setzen, aber die obigen Ausführungen bieten einen kurzen Überblick über die konzeptionelle „Ausgangsbasis” für diese Fragen.